Mitten in Tarifverhandlungen Wicker-Konzern schließt Krankenhaus in Bad Wildungen
Die Klinik am Homberg in Bad Wildungen soll geschlossen werden. Ein Drittel der Beschäftigten könnte den Arbeitsplatz verlieren. Man befinde sich in einer Schockstarre, heißt es aus der Belegschaft.
Bald soll es den Standort der Klinik für Orthopädie und Psychosomatik in Bad Wildungen (Waldeck-Frankenberg) nicht mehr geben. Damit verlieren Beschäftigte ihren Arbeitsplatz.
Die Klinikleitung gehe derzeit von einer mittleren zweistelligen Zahl an Betroffenen aus, teilte Tanja Löwenstein aus der Geschäftsführung des Wicker-Konzerns, zu dem das Krankenhaus gehört, dem hr auf Anfrage mit. Damit könnte ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein. In der Klinik arbeiten nach Konzernangaben 150 Menschen in unterschiedlichen Bereichen.
Die Geschäftsführung informierte die Beschäftigten bei einer Mitarbeiterversammlung am Donnerstag. Zunächst berichtete die Zeitung HNA über die Schließung. Im Juli war bekannt geworden, dass Tanja Löwenstein und Philipp Matthiass die operative Geschäftsführung der Wicker-Kliniken ab August übernehmen.
Stellenabbau "sozialverträglich gestalten"
Jetzt wolle man in Verhandlungen mit den Mitarbeitervertretungen einsteigen, so Löwenstein. Deshalb könne man sich zu den genauen Auswirkungen und der Anzahl der betroffenen Stellen noch nicht äußern.
Den Stellenabbau will man laut Löwenstein sozialverträglich gestalten und "möglichst vielen Mitarbeitenden einen alternativen Arbeitsplatz in unserer Unternehmensgruppe" anbieten. Andere werde man "bei Bedarf" bei der Jobsuche unterstützen.
Neuausrichtung für weitere Standorte
Mit der Schließung reagiere man auf gesundheitspolitische Herausforderungen, heißt es in einer Mitteilung der Wicker-Gruppe. Genannt werden der Trend zur ambulanten Behandlung und der anhaltende Fachkräftemangel. Beides wirke sich negativ auf die Belegungszahlen aus.
Hinzu kämen steigende Betriebskosten in den vergangenen Jahren und eine anstehende Sanierung des Gebäudes am Homberg aus den 1970er Jahren. Die Mittel dafür ließen sich "nur mit sehr effizient arbeitenden Kliniken erwirtschaften", heißt es weiter.
Laut Geschäftsleitung werden derzeit 200 Patientinnen und Patienten in der Klinik am Homberg behandelt, davon jeweils 100 in den einzelnen Abteilungen Orthopädie und Psychosomatik. Die Klinik verfügt insgesamt über 290 Betten.
Mitarbeitende: "Keiner weiß, wie es jetzt weitergeht"
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die geplante Klinikschließung und forderte, die laufenden Tarifverhandlungen fortzusetzen. Stefan Röhrhoff, Verdi-Landesfachbereichsleiter für das Gesundheitswesen, zeigte sich überrascht darüber, dass Wicker die Schließung zu diesem Zeitpunkt verkündet habe.
Röhrhoff macht vor allem Sorgen, dass nicht alle Stellen im Unternehmen verbleiben können. Die Mitarbeiter seien geschockt, berichtete er. Eine Mitarbeiterin habe ihm gegenüber von einer Schockstarre berichtet, "weil keiner weiß, wie es jetzt weitergeht".
Verdi hat Tarifverhandlungen im Blick
Verdi hofft, dass die Klinikleitung die Schließung nicht als Vorwand nutzt, die Tarifverhandlungen abzubrechen.
Erst im Juli hatten sich Gewerkschaft und Klinikleitung auf einen Tarifvertrag geeinigt. So wurde vereinbart, die Gehälter der Beschäftigten schrittweise an den Tarifvertrag des öffentlichen Diensts (TvöD) anzugleichen. Mit der Einigung konnte ein monatelanger Konflikt mit mehreren Streikwellen beendet werden.
Auswirkungen auf weitere zwei Standorte
Das Aus für die Klinik am Homberg hat Auswirkungen auf zwei weitere Standorte des Wicker-Konzerns in der Region - sowohl in Bad Wildungen als auch in Bad Zwesten (Schwalm-Eder). Diese sollen neu ausgerichtet werden. Damit will das Unternehmen bereits im Januar 2025 beginnen.
So sollen das medizinische Personal und die Patienten aus der Klinik am Homberg künftig auf diese beiden Standorte verteilt werden. Mit diesem Schritt will der Konzern nach eigenen Angaben fachliche Kompetenzen bündeln.
Die Abteilungen für Psychosomatik und Psychotherapie aus der Klinik am Homberg und dem Wicker-Stammhaus in Bad Wildungen sollen in die Hardtwaldklinik II in Bad Zwesten umziehen. Damit entstehe dort ein starkes Kompetenzzentrum in Nordhessen, heißt es aus dem Wicker-Konzern.
Die damit frei gewordenen Betten im Stammhaus in Bad Wildungen will der Konzern für die bisherige Orthopädie-Abteilung vom Homberg nutzen. Neben den Häusern in Bad Wildungen und Bad Zwesten betreibt der Wicker-Konzern in Hessen weitere Kliniken in Kassel, Bad Sooden-Allendorf (Werra-Meißner) und Bad Homburg.
Bürgermeister: "Verlust für die Stadt"
Bürgermeister Ralf Gutheil (SPD) hat nach eigenen Angaben kurzfristig von den Schließungsplänen erfahren. Die Geschäftsleitung von Wicker habe ihn und seinen Amtskollegen aus Bad Zwesten am Mittwoch informiert, so Gutheil.
Das Aus der Klinik am Homberg sei "ein Verlust für die Stadt", sagte Gutheil am Freitag. Zwar sei Bad Wildungen mit 21 Kliniken Deutschlands größter Reha-Standort, dennoch würden Gäste fehlen.
Mit Blick auf die viel diskutierte Krankenhausreform habe man auch in Bad Wildungen Angst vor einem größeren Kliniksterben, berichtete Gutheil. Er hoffe, dass die Klinik am Homberg ein Einzelfall sei und keine weiteren Häuser schließen müssten.